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Es ist alles immer irgendwie größer geworden

Bericht vom 26.10.2011
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Artikel aus der Leonberger Kreiszeitung vom 26.10.2011

Leonberg Der Stadtbrandmeister Günter Widmaier und der Leonberger Abteilungskommandant Jürgen Ziegler ziehen Bilanz.

Eigentlich haben sie den großen 150. Geburtstag der Freiwilligen Feuerwehr Leonberg ein wenig anders feiern wollen. Herausgekommen ist aber ein Reigen von Festivitäten, die alle etwas größer ausfielen als geplant. Doch der Leonberger Stadtbrandmeister Günter Widmaier und sein Vize Jürgen Ziegler haben auch andere Phänomene bemerkt.

Herr Widmaier, Herr Ziegler, das große Jubiläumsjahr ist vorbei. In dieser Woche haben Sie bei zwei schweren Verkehrsunfällen ausrücken müssen, einen Wasserrohrbruch, einen Brandmeldealarm gehabt, ein Tür für den Rettungsdienst geöffnet und eine Ölspur beseitigt. Willkommen im mühseligen Alltag des Ehrenamtes.

Widmaier: Mühselig? Das passt nicht. Ich glaube, dass unser Jubiläumsjahr bei uns viel bewegt hat. Wir sind immer noch ziemlich überrascht, wie viel positive Rückmeldung wir aus der Stadt erhalten haben. Natürlich durch zahlreiche Sponsoren und Spender. Aber auch durch die vielen Besucher unserer Veranstaltungen.



Ziegler: Wir wollten ja mal ein ganz anderes Jubiläum machen. Eines mit vielen kleinen, statt wenigen großen Events. Aber wir konnten machen, was wir wollten: Irgendwie ist es immer eine Nummer größer geworden als geplant. Denken Sie nur an die historische Zeitreise auf dem Marktplatz. Da hat plötzlich die ganze Feuerwehrfamilie Hand in Hand zusammengearbeitet und sich präsentiert. So etwas hat es auch andernorts noch nie gegeben.

Weil die Feuerwehr die letzte Leonberger Instanz ist, bei der es universell ein Angebot für alle gibt?

Widmaier: Bei uns sind alle Bevölkerungsschichten vertreten. Der Handwerker, der Akademiker, der Schüler wie der Familienvater. Wer bekommt sonst Sonntagnacht um zwei einen Bagger oder einen Statiker an eine Einsatzstelle - und zwar in wenigen Minuten.

Aber die klassischen Handwerker-Netzwerke, sterben die nicht langsam aus? Immer mehr Jugendliche müssen sich akademisch qualifizieren und stehen dann der örtlichen Feuerwehr nicht zur Verfügung.

Ziegler: Deshalb setzen wir ja massiv auf Nachwuchsarbeit. Wenn Sie so wollen, waren die größten Events des Wochenendes vor allem für Kinder und Jugendliche ein Anknüpfungspunkt zur Feuerwehr.

Sie haben nebenbei fast schon wieder weit mehr als 200 Einsätze in diesem Jahr gefahren - sind denn die Ehrenamtlichen nicht irgendwann überstrapaziert?

Widmaier: Ich beobachte ein unglaubliche Unterstützung durch die Ehefrauen und Partnerinnen der Feuerwehrleute. Anders funktioniert es glaube ich nicht. Ob das Kuchenbacken fürs Jubiläumsfest oder neulich bei einem Hochwasser, wo einige Kameraden selbst voll gelaufene Keller hatten - und dennoch zur Feuerwehr eilten, um anderen die Keller leer zu pumpen. Deren Frauen blieben dann zunächst allein daheim. Das ist schon unglaubliches Engagement.

Nochmal: ist das irgendwann überstrapaziert?

Ziegler: So lange positive Dinge die negativen Dinge überlagern, macht der Dienst wirklich Spaß - es ist ein Ehrenamt mit hoher Verantwortung. Problematisch wird es, wenn wir den Eindruck haben, nicht mehr helfen zu können.

Widmaier: Der Horror ist, bei einem Unfall tote Kinder zu bergen. Das übersteigt die Grenzen und hinterlässt Spuren. Aber es kommt Gott sei dank sehr, sehr selten vor.

Ihr Einsatzschwerpunkt liegt als Feuerwehr am Schnittpunkt zweier Autobahnen bei der technischen Hilfeleistung - in diesem Sinne klingt das ja interessant . . .

Widmaier: Eines ist klar: wenn unser Funkwecker hupt, dann ist immer jemand zu Schaden gekommen. Wir fahren nicht aus Jux durch die Gegend.

Das Ehrenamt wandelt sich. Gerade jüngere Menschen können sich auch wegen der heute notwendigen beruflichen Flexibilität nur mehr zeitlich befristet engagieren - dass einer seit 30 Jahren in der Feuerwehr ist wie Sie, wird zur Ausnahme, oder?

Widmaier: Na ja, wenn jeder Leonberger für fünf Jahre zur Feuerwehr ginge, hätten wir schon viel zu viele. Nachwuchswerbung ist heute schon schwieriger. Der Vergleich mag seltsam klingen. Aber wenn es keine Zuchtanlagen mehr gäbe, dann hätten wir bald keine Hasenvereine mehr und auch keine Hasen. Wenn man nicht präsent ist vor Ort, stirbt etwas aus .

Sie spielen auf die Finanzdiskussion um die Feuerwehrabteilungen in den Ortsteilen an.

Widmaier: Wenn die Feuerwehren in den Teilorten nicht mehr da sind, haben Kinder und Jugendliche, also unser Nachwuchs, keinen Bezugspunkt mehr zur Feuerwehr.



Ziegler: Schneller als die örtliche Löschgruppe ist keiner da und besser kennt sich keiner aus. Die Abteilungen brauchen wir, um die Hilfsfristen überhaupt einhalten zu können. Es ist auch so: wenn auf die Hauptabteilung immer mehr Einsätze zufallen, führt das zu noch höherem Druck auf die Ehrenamtlichen dort.

In diesem Sinne dürfen Sie dankbar sein, dass die großen Beschaffungen von Drehleiter und Vorausrüstwagen vom Gemeinderat quasi als Geburtstagsgeschenk so genehmigt wurden. Und der Landrat mit einem Löschwagen aus dem Katastrophenschutz noch einen drauflegte, oder?

Widmaier: Nein, das ist eine andere Baustelle. Wir brauchen die Sachen doch nicht für uns. Wir haben keine Spielsachen, sondern Rettungsgerät, das wir für alle Menschen in Leonberg und Umgebung einsetzen. Froh bin ihn aber schon, dass diese Entscheidungen vor dem K.O. des Sportzentrums getroffen wurden. Denn da hat die Stadt wahrhaft keine leichte Aufgabe zu stemmen.

Hätten Sie einen Tipp, quasi als Stadtbrandmeister, wie man diesem finanziellen Großbrand begegnen könnte?

Widmaier: Nein. Ich kann nur feststellen: wenn die großen Sportvereine jetzt über eine Fusion nachdenken, um vielleicht mehr Geld flüssig zu machen, ist das der richtige Weg. Unsere Fusion zwischen Eltingen und Leonberg hat nämlich bereits 1967 stattgefunden und mit einer gemeinsamen Feuerwache sind alle glücklich geworden. Alle Vereine in der Stadt, die überleben wollen, haben fusioniert. Ob Handballer oder zuletzt der Obst- und Gartenbauverein.

Das Gespräch führte Michael Schmidt.